29. Sep, 2016

Unterwegs mit der Qinghai-Tibet-Bahn

Eine Reise mit der Qinghai-Tibet-Bahn ist etwas vom Schönsten und Spektakulärsten, was China in Sachen Bahnreisen zu bieten hat. Am 1. Juli 2006 wurde das 3,3 Milliarden teure Projekt, welches Peking mit Lhasa im Hochland Tibets verbindet, eröffnet. Dies wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Weil sich das mit Abstand schönste Teilstück zwischen Xining und Lhasa befindet, besteigen wir heute um 14.00 Uhr in Xining diese Bahn.

Zuvor besuchen wir aber noch etwas ausserhalb von Xining das buddhistische Kloster Kumbum. Früher sollen hier rund 4000 Mönche gelebt haben. Jetzt seien es noch rund 700 erklärt uns unsere Reiseführerin. Tempel, Buddha – Buddha, Tempel. Für noch so jeden Wunsch kann man hier eine Buddha-Figur anbeten. Auf unserer Reise durch die Mongolei und China haben wir bereits mehrere buddhistische Tempel und Klöster besucht. Irgendwie haben wir das Gefühl, das Ganze wiederholt sich immer wieder. So, als ob wir zu Hause eine Kirche nach der anderen besuchen würden. Jedenfalls sieht für uns irgendeinmal jeder Tempel und jedes Kloster gleich aus. Kann aber auch gut sein, dass wir das Ganze einfach zu wenig verstehen. In Sachen Klöster steht uns die ganz grosse Herausforderung aber noch bevor. Und zwar in der  buddhistischen Hochburg Lhasa. Doch zuerst freuen wir uns einmal auf die 22stündige Zugfahrt von Xining nach Lhasa. 

Gespannt sind wir, wie wir auf dieser Fahrt mit der Höhe und der dünnen Luft zurecht-kommen. Beim Besteigen des Zuges staunen wir erst einmal. Wir müssen eine Deklaration unterzeichnen, (wohl so etwas, wie einen Haftungsausschluss der Bahn), dass wir gesundheitlich fit, bzw. in der Lage sind auf 3'000 Meter hoch zu steigen. Doch wir fragen uns, was soll das? Denn auf dieser Zugfahrt überwindet die Bahn einmal eine Höhe von  5'100 Metern. Und gleichzeitig bewegen wir uns vielfach auf einer Höhe von über 4'000 Metern. Was uns dann doch etwas beruhigt, jedes Abteil und jede Liege ist für den Notfall mit einem Sauerstoffanschluss ausgestattet. Wegen der dünnen Luft stellen wir uns diese Nacht schon mal auf etwas wenig Schlaf ein. Doch nicht die dünne Luft, sondern ein Mitreisender sollte der Grund sein, weshalb wir zu einer ziemlich unruhigen Nacht kommen.

An dieser Stelle müssen wir vorausschicken, die Züge, welche zwischen Xining und Lhasa fünfmal täglich verkehren, kennen als kleinstes Abteil die 4er-Kabine. So haben wir das Vergnügen unser Abteil mit noch zwei jüngeren, etwa 35 bis 40jährigen Hongkongchinesen aus dem Finanz- und Bankensektor zu teilen. Beide verfügen über gute Englischkenntnisse. Zwei echt nette Kerle, wie sich herausstellt. Da das Zugpersonal über wenig bis überhaupt keine Englischkenntnisse verfügt, spielen uns die Beiden ganz fleissig und kostenlos Dolmetscher. Gleichzeitig halten sie uns immer auf dem Laufenden, wann und wo auf der Bahnstrecke die Highlights zu sehen sind. Und eben, einer dieser beiden befreundeten Hongkongchinesen, ein Familienvater von zwei Kleinkindern, entpuppt sich als ausgesprochenen Schnarchspezialisten. So schafft er es zeitweilig schlimmer und lauter zu schnarchen, als ein Schwein grunzen kann. Marion kann nicht schlafen – ich eigentlich auch nicht. Doch im Gegensatz zu mir zeigt sich Marion ziemlich genervt. Zu allem Übel kommt hinzu, dass der Schnarcher im Schlaf plötzlich auch noch sein Bettlicht anzündet und dabei munter weiterschläft. Marion weckt und bittet ihn, das Licht zu löschen. Und ich, ich zähle bereits die Minuten, bis der nette Kerl wieder in seinen Tiefschlaf versinkt und sein Schnarchen fortsetzt. Und tatsächlich, er schnarcht und sägt schon nach kurzer Zeit weiter. Und diesmal noch geräuschvoller, als zuvor. Marion steht auf und verlässt kurz das Abteil. Irgendeinmal lässt das Sagen des Kollegen etwas nach und wir finden dann doch noch unseren verdienten Schlaf.

27. Sep, 2016

Endlich wieder Luft zum Atmen!

Nach einem kurzen Flug von gut einer Stunde erreichen wir heute abend Xining. Das Wetter ist leicht bewölkt. Doch die Luft ist endlich wieder klar und sauber.

Xining liegt auf 2’400 Metern über Meer, rund 700 Kilometer nordwestlich von Xi’an. Xining, heute eine Zweimillionenstadt, war bis 1950 Teil des 2,4 Millionen Quadratkilometer grossen, unabhängigen Staates Tibet. Dann marschierten die Chinesen im Tibet ein. Und seither betrachtet China den Tibet als Teil Chinas. So einfach ist das!

Welche Besiedelungs- und Verdrängungspolitik die chinesische Regierung seither betreibt, wird einem bereits auf der Hinfahrt vom Flughafen ins Zentrum Xinings ziemlich deutlich vor Augen geführt. Xining wächst rasant. Aber nicht etwa mit Tibetern, sondern mit Chinesen, die der chinesische Staat hier anzusiedeln versucht. Die Regierung zahle Chinesen, welche bereit seien ins unwirtliche Hochland Tibets zu ziehen, klar höhere Löhne, als man in anderen Regionen Chinas bekommen würde, erzählt uns unsere hier ansässige Reiseführerin, welche uns am Flughafen abholt.

Übrigens: Das Abholen von Flughäfen und Bahnhöfen hat bis jetzt reibungslos geklappt. Wir können uns stets darauf verlassen, dass in der wartenden Menschenmenge immer ein Reiseführer oder eine Reiseführerin mit einem grosses Blatt Papier in der Hand, auf dem unsere Namen stehen, auf uns wartet. Der Service ist super. Und daran wird sich wohl auch nichts ändern. Die lokale Firma, mit der wir hier unterwegs sind, ist nämlich eine staatliche, wie wir in Erfahrung bringen können. Dann sind wir ja in besten Händen! Denn China setzt alles daran, sein Image aufzubessern. D.h. man versucht seinen Gästen  möglichst nur die Schokoladenseite des Landes zu zeigen. So ähnlich kommt es uns auf jeden Fall vor. Doch das ist menschlich! Versuchen wir Schweizer doch genau so, wie es auch der Rest der Welt zu tun pflegt. Einfach mit dem kleinen Unterschied - wir tun es etwas subtiler, weniger offensichtlich und vor allem ohne Zensur.

Und so schreiben wir ganz artig auch nur über die Sachen, welche wir auf unserer Chinareise sehen und hören dürfen. Über das andere China, bzw. das was wir auch noch zu hören bekamen, schreiben wir dann frühestens, wenn wir China verlassen haben. Denn in einem Land, wo Google, Facebook, Twitter und Co. komplett zensuriert sind und wir nebst diesen auch auf viele andere Seiten nicht zugreifen können, müssen wir davon ausgehen, dass China ziemlich alles überwacht, was dieses Land verlässt – ganz besonders das Internet.

Unsere Reiseleiterin setzt uns schliesslich in unserem Hotel im Zentrum Xinings ab. Morgen steht einer der grossen buddhistischen Tempelanlagen Tibets, der Kumbum-Tempel, auf dem Programm. Nachts machen wir noch einen kurzen Bummel durch kleine Gassen und Marktstände Xinings.

27. Sep, 2016

Darin sind die Chinesen Weltmeister!

China ist mit 1,3 Milliarden Menschen nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde. Nein, passend dazu besitzen die Chinesen auch das längste Eisenbahnnetz der Welt. Dieses umfasst eine Gesamtlänge von 90'000 Kilometern.

Die Chinesen besitzen aber noch weitere Weltrekorde. So u.a. erforschen sie seit wenigen Tagen mit dem grössten Radioteleskop der Welt den Weltraum. Das Radioteleskop soll einen Durchmesser von 500 Metern haben.

Und noch etwas: Wir haben auf all’ unseren Reisen noch kein «fotowütigeres» Volk getroffen, als die Chinesen. Sehr häufig machen die Chinesen mit ihren Handys Selfies. Dabei spielt es keine Rolle ob mit oder ohne Stick. So wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit geknipst, was das Zeug hält!

Und weil die Chinesen nur eine Haarfarbe kennen - nämlich schwarz -, sind im Land der Mitte für einmal wir Europäer die Exoten. So muss Marion mit ihren dunkelblonden Haaren - ob gefragt, oder ungefragt - immer wieder für Fotos herhalten. Und ich, ich lasse es mir ebenfalls nicht entgehen und fotografiere die Einheimischen, wie sie sich in Pose stellen. Daran stört sich hier keiner. Schliesslich tun es hier fast alle.

26. Sep, 2016

Geht China am eigenen Dreck zugrunde?

Im 9'600'000 Quadratkilometer grossen China, dem bevölkerungsreichsten Land dieser Erde, gibt es nicht nur eine einheitliche Uhrzeit für das ganze Land - genannt Peking-Zeit - sondern gleich auch noch ein Wetter und eine Jahreszeit - genannt Smog. (Foto: Blick aus dem 14. Stock von unserem Hotel in Xi'an)

 Auf dem bisherigen Teil unserer Weltreise wurden wir mit äusserst sauberer Luft (Azoren, Sibirien und Mongolei) mit riesigen Wasserreservoirs, welche Trinkwasser-qualität haben (Baikalsee) und mit Landschaften, bei denen die Fernsicht von einem Horizont zum anderen reicht (Mongolei) so sehr verwöhnt, dass wir kaum glauben können, was wir hier in China nun antreffen.

Von den bisherigen sieben Tagen in China hatten wir gerade mal zwei Tage - nämlich die ersten beiden -, an denen die Luft klar und das Wetter schön war. Wobei schön wäre das Wetter ja auch jetzt mehrheitlich - zumindest auf dem Wetterradar. Doch dieser hässliche Smog verwandelt alles in einen einheitlich grauen Brei. So ähnlich, wie bei uns im Spätherbst, wenn Nebel über das Land zieht. Nur viel, viel ungesunder und giftiger. Hinzu kommt, dass die am Himmel stehende, gelbrote Sonne die stickigen Abgase und den giftigen Industrieruss zusätzlich noch treibhausartig aufheizt. 

Anfänglich glaubten wir, dies sei nur gerade in der 23-Millionenmetropole Peking und deren Umgebung so. Doch seitdem wir gestern Morgen mit dem Nachtzug von Peking hier in Xi'an, einer etwa 1'000 Kilometer südwestlich von Peking gelegenen Achtmillionenstadt angekommen sind, haben wir die Gewissheit, dieser Russ, Staub und Dreck liegt über halb China. Und dies sei nicht etwa nur an ganz bestimmten Tagen oder zu einer bestimmten Jahreszeit so, bestätigen uns unsere Stadt- und ReiseführerInnen in Peking und Xi'an. Dieser Smog beherrsche weite Teile Chinas und zwar das ganze Jahr hindurch. Tage mit klarer Luft seien die Ausnahme, sagen sie.

Der Smog ist das, was jedem Chinareisenden als erstes ins Auge sticht, bzw. ihm in den Augen brennt. Doch mindestens so schlimm belastet, wie die Luft muss in Nordchina auch das Wasser sein, bestätigen uns zumindest unsere Stadt- und ReiseführerInnen vor Ort. 

Komisch: In unserem Reiseführer über China von "Nelles Tour Guide" finden wir einerseits nur tolle Fotos, welche bei besten Sichtverhältnissen gemacht wurden und andererseits kein einziges Wort über Chinas Umweltprobleme, wie z.B. den Smog. Ich meine, alle China-Reiseführer müssten zwingend umgeschrieben werden. So sollten die Reiseführer nicht mehr primär nach Provinzen, sondern in smog-freie und smog-belastete Regionen gegliedert werden. Denn hätten wir im Vorfeld nur annähernd erahnen können was uns in China erwartet, dann hätten wir unsere Chinareise bestimmt anders zusammengestellt. D.h. wir wären in den belasteten Gebieten kaum einen Tag länger geblieben, als unbedingt nötig. Unter den aktuellen Bedingungen macht das Rausgehen, das Flanieren und das Fotomachen, für naturliebende Menschen wie uns, nicht wirklich Spass. Statt Polarisationsfilter auf meinen Objektiven bräuchte ich jetzt für meine Kamera ein paar gute Smogfilter. Nur so etwas muss zuerst noch erfunden werden. 

Nun freuen wir uns mal auf die nächsten zehn Tage. Denn morgen fliegen wir nach Xining einer Stadt nordwestlich von Xi'an, welche auf einer Höhe von 2'200 Metern über Meer liegt und gewissermassen das Tor zum Tibet bildet. Dort sollten wir hoffentlich dem Dunst und dem Smog des Tieflandes entfliehen können. Garantiert keinen Smog, dafür ziemlich sauerstoffarme Luft, werden wir dann die weiteren 8 Tage in Lhasa haben. Die Hauptstadt Tibets liegt nämlich auf einer Höhe von 3'650 Metern über Meer.

24. Sep, 2016

Andere Länder - andere Sitten!

Wer in China nicht verhungern will bzw. sein Essen nicht nur einfach im Supermarkt kaufen, sondern sich auch ab und zu mal im Restaurant verpflegen möchte, kommt am aussergewöhnlichen Besteck der Chinesen - den zwei Stäbchen - einfach nicht vorbei. Viel Übung im mit Stäbchen essen, hatten wir vor unserer Chinareise nicht wirklich. Doch den Dreh hat man schnell einmal raus. Im Notfall lassen sich die Stäbchen auch noch sehr unkonventionell verwenden. Schafft man es trotz grosser Anstrengung nicht, etwas zwischen den Stäbchen einzuklemmen und zu halten, dann versuche man es doch einfach mal mit aufspiessen. Funktioniert mitunter ganz gut. Und ein Schmunzeln oder Lächeln vom Tisch nebenan sichert man sich damit auch noch gleich.

Doch faszinierender, als das Essen mit Stäbchen, sind die Sitten und Bräuche beim Essen. Als Erstes fällt uns auf, die Mehrheit der Chinesen isst viel und relativ fettig. Von Nudeln übers Fleisch bis hin zum Gemüse - in China wird fast Alles im Öl gebraten. Weiter fällt uns auf, das Essen in China lässt sich nur bedingt mit unserem vergleichen. Unser chinesisches Essen in der Schweiz ist gewissermassen "europäisiert"; bzw. auf unsere Mägen angepasst. Während das chinesische Essen in China vielfältiger, abwechslungsreicher und mitunter klar schärfer ist, als was wir z.B. von Chinarestaurants in der Schweiz gewohnt sind. Hinzu kommt, dass die Chinesen in China lokales Gemüse, Kräuter und Früchte verwenden, von denen wir bei uns zu Hause noch nie etwas gehört und schon gar nicht davon gegessen haben.

Während unsere europäische Küche die zubereiteten Speisen dem Gast gewöhnlich tellerweise serviert, bestellt man das chinesische Essen plattenweise. Z.B. eine Platte mit Rindfleisch und Bambussprossen; eine mit Reisnudeln und Blattgemüse; eine mit Rührei gemischt mit Gemüse; einen Topf "Klebreis" und noch eine Platte mit Schweine- oder Hühnerfleisch mit Nudeln oder Gemüse. Nur Fleisch oder nur Gemüse oder nur Nudeln isst man in China in der Regel nicht. Meist ist Alles immer noch mit etwas Anderem gemischt.

Während wir uns gewohnt sind, dass alle Gäste gleichzeitig bedient werden und das bestellte Essen miteinander oder zumindest nach einem klaren Ablauf (Vorspeise, Hauptspeise, Dessert) auf den Tisch kommt, ist es in China nicht unüblich, wenn die einzelnen Platten - eher ohne Logik, jedoch vermutlich je nach Dauer der Zubereitung - dem Gast, bzw. den Gästen unterschiedlich schnell gebracht werden. Wir haben schon erlebt, dass es zwischen der ersten und der letzten Platte bis zu 15 Minuten gedauert hat. Deshalb beginnt man in der Regel mit dem Essen, sobald der erste Teil auf dem Tisch steht. Sehr speziell ist: Jeder nimmt von jeder Platte was ihm gerade schmeckt; stochert mit seinen Stäbchen auf der Platte herum; fischt sich was heraus und führt es - wenn es schnell gehen muss - häufig gleich direkt zum Mund. Mit den gleichen Stäbchen geht es dann zur nächsten und übernächsten Platte. Daran stört sich keiner. Haben wir mit unserer Reiseleitern Frau Wang Rui und unserer Fahrerin Frau Chang bisher immer so gemacht (s. Bild / links Frau Wang Rui und rechts Frau Chang). Es ist offenbar in China auch nicht unhöflich, wenn man mit dem Essen beginnt, bevor Alle am Tisch sitzen.

Halt andere Länder - andere Sitten!