7. Apr, 2017

Kuala Selangor's Lichtertanz

Kurz vor 16.00 Uhr landet unser Flug MH741 der Malaysian Airlines mit rund zwanzig Mi-nuten Verspätung auf dem internationalen Flughafen von Kuala Lumpur. Die letzten drei Wochen konnten wir uns in Myanmar bereits an heisses Wetter von um die 40 Grad Celsius gewöhnen. Der Wetterbericht sagte für Ma-laysia leicht tiefere Temperaturen von um die 32 bis 34 Grad voraus. Doch das Klima hier ist ganz anders, als in Myanmar. Beim Aussteigen aus dem Flugzeug stellen wir fest, dass hier die Luftfeuchtigkeit um Einiges höher ist, als die letzten drei Wochen. Willkommen in den immergrünen Tropen! 

Die Sonne scheint, während sich gleichzeitig mächtige Wolken am Himmel auftürmen. Die nächs-ten zwei Wochen würden wir jeden Tag mit einer halben bis ganzen Stunde Regen rechnen müs-sen. Das sei normal hier, erklärt uns unser Fahrer Ravi (Raviendra), dessen Familie im 19. Jahr-hundert aus Indien nach Malaysia migriert ist, während der Fahrt vom Flughafen nach Kuala Se-langor. Wir befinden uns auf einer privat geführten Reise mit Vive Malaysia. Ravi selber ist vom ortsansässigen Touranbieter Borneo Adventure angestellt. Noch am Flughafen bekommen wir von ihm ein detailliertes Programm und sämtliche Vouchers für Hotelunterkünfte, Ausflüge und Transporte der nächsten Tage zwei Wochen ausgehändigt.

Wir sind etwas spät in der Zeit. Nebst unserer verspäteten Ankunft zog sich auch noch die Ab-fertigung bei der Einreise ziemlich in die Länge. Offenbar kamen gleich mehrere Flüge praktisch gleichzeitig miteinander an. Deshalb fahren wir mit Ravi auf direktem Weg nach Kuala Selangor, einer vergleichsweise kleinen Stadt in der Provinz Selangor, am Fluss Kuala Selangor. gelegen. Die kleine Stadt liegt etwas abseits der gängigen Touristenströme. Touristen, welche hierherkom-men, tun dies vorwiegend abends, kurz vor Sonnenuntergang. Denn Kuala Selangor hat eine Touristenattraktion der ganz besonderen Art, die man nur nach Sonnenuntergang erleben kann. Und dies wollen wir uns nicht entgehen lassen.

Auf mehrheitlich vier- und dreispurigen Autobahnen umfahren wir Kuala Lumpur. Es herrscht Abend- und etwas Stossverkehr. Genug Zeit, um uns mit Ravi zu unterhalten, der uns auf der Fahrt bereits Einiges über sein Land erzählt. Es habe sich viel verändert in den letzten 26 Jahren – damals, als wir zum ersten und bisher einzigen Mal Malaysia bereist haben - erklärt uns Ravi. Kuala Lumpur sei in der Zwischenzeit von etwa 1,2 auf über 2 Millionen Menschen gewachsen und das Land hätte heute rund 34 Millionen Einwohner. 1991 dürften es gut 20 Millionen gewe-sen sein, sagt er uns.

Nach eineinhalbstündiger Fahrt – noch rechtzeitig um den Sonnenuntergang über dem etwa einhundertfünfzig Meter breiten Kuala Selangor zu geniessen - erreichen wir die von Chinesen geprägte, kleine Stadt. Wir sitzen auf einer Veranda eines chinesischen Restaurants, essen wieder einmal typisch chinesisch und schauen der Sonne zu, wie sie langsam über dem Fluss untergeht. Um 19.30 Uhr bricht die Nacht herein. Zeit um aufzubrechen. Unmittelbar beim Restaurant legen lange, schmale, überdachte Holzboote mit Aussenbordmotor ab. Wir besteigen so ein Boot, zu-sammen mit noch weiteren zehn Gästen. Es sind dies mehrheitlich Asiaten, vermutlich einheimi-sche Gäste. Dann tuckern wir in die Nacht hinein. Links und rechts säumen Büsche und Mangro-ven das Ufer.

Nach etwa zwanzig Minuten verringert unser Bootsfahrer sein Tempo. Er fährt näher an die Küste heran. Dann zeigt er auf Büsche vor uns. In den Büschen blinkt und blitzt es, wie wenn jemand den Lichtschalter kurz an- und wieder ausknipst. Einzelne Büsche sehen aus, wie Christbäume verziert mit blinkenden Lichterketten. Dutzende, ja hunderte dieser Lichter sind zu sehen. Wir bestaunen gerade einen einzigartigen, synchronen Lichtertanz der weltweit grössten Glühwürm-chenkolonie, die je entdeckt wurde. Nach rund 45 Minuten sind wir wieder zurück an der Boots-anlegestelle, wo uns Ravi bereits erwartet um uns in unser Hotel nach Kuala Lumpur zu fahren.

Auf der Fahrt zum Hotel erklärt uns Ravi, bei Regen gäbe es keine Glühwürmchen zu sehen. Da würden diese Würmchen – auf englisch «fireflies» - und damit auch diese Tour förmlich ins Was-ser fallen. Und bei Neumond – es ist bald Vollmond - und nach Regen könne man noch viel mehr Glühwürmchen sehen, als wir heute gesehen hätten. Dennoch, diese Tour war wirklich ein schöner Einstieg in unsere Malaysiareise.  Eine grosse Glühwürmchenkolonie, ein typisch chinesisches Abendessen mit Blick auf den Kuala Selangor, während die Sonne untergeht, ist auf jeden Fall ein Besuch wert.

Den Fotoapparat kann man auf der Tour aber getrost eingepackt lassen. Denn die Glühwürmchen darf man – verständlicherweise – nicht anblitzen. Und auf einem schwankenden Boot, ohne Blitzlicht, gibt es keine anständigen Aufnahmen. Es sei denn, man begnüge sich mit Fotos wie diesem. Also, einfach schauen und geniessen!