Der Zufall will es, dass wir gestern zusammen mit den beiden Amerikanern, Shahryar und Das, auf demselben Flug von Ushuaia nach El Calafate waren. Wir wohnen zwar nicht in derselben Unterkunft.
Doch wir planen den morgigen Tag gemeinsam zu gestalten. Unser Ziel: der Nationalpark Los Glaciares. Etwa 65 Kilometer westlich von El Calafate befindet sich eine der Hauptattraktionen dieses Parks – der Perito Moreno Gletscher (s. Bild). Gäbe es
diesen Gletscher nicht, so gäbe es vielleicht auch El Calafate nicht oder El Calafate wäre noch immer dieses kleine Nest wie vor 25 Jahren, als wir zum ersten Mal hierherkamen. Damals zählte El Calafate etwa 3'000 Einwohner. Woran wir uns erinnern
können, ist, dass 1991 die Dorfstrassen noch mehrheitlich unbefestigt und staubig waren. Heute zählt El Calafate etwa 12 mal mehr Einwohner, wie damals. Ein unbedeutendes Nest ist es meiner Meinung nach dennoch geblieben. Die vielen tausend Gäste,
welche jährlich hierher pilgern, kommen wegen des Gletschers und sicher nicht, weil El Calafate besonders reiz-voll wäre.
Nach Wikipedia ist der Perito-Moreno-Gletscher einer der
grössten Gletscher des grössten Glet-schergebietes der südamerikanischen Anden sein.Bekannt ist der Gletscher vor allem dadurch, dass seine im Lago Argentino endende Gletscherzunge den südlichen
Arm des Sees absperrt und aufstaut, der sich dann alle zwei bis vier Jahre entleert. Benannt wurde der Gletscher nach Perito Moreno, einem
argentinischen Geografen, der sich insbesondere Patagonien widmete. Heute ge-hört der als UNESCO-Weltnaturerbe eingestufte Nationalpark Los Glaciares, wo auch der Perito Moreno Gletscher dazu gehört,
den größten Touristenattraktionen Argentiniens.
Der Perito Moreno hat eine relativ konstante Fläche von gut 250 Quadratkilometern. Im Gegen-satz
zu den meisten Gletschern der Erde verliert der Perito-Moreno-Gletscher weder an Grösse noch an Masse. Die Höhe der Kalbungsfront, d.h. dort wo der Gletscher in den Lago Argentino kalbert, liegt bei stolzen 55 bis 77 Metern. Und weil der Perito-Moreno-Gletscher
sich mit einer täglichen Geschwindigkeit von bis zu zwei Metern vorwärts schiebt, kann man an der Gletscher-zunge alle paar Minuten spektakuläre Eisabbrüche beobachten. Dieses seltene Schauspiel be-kommt man hier einerseits nahe
und andererseits aus sicherer Distanz zu beobachten. Etwas, was jährlich viele Touristen aus aller Welt anzieht. Marion und ich sind bereits zum dritten Mal hier. Wir kommen jedes Mal hierher, wenn wir in Südpatagonien unterwegs
sind. Das wollen wir uns einfach nicht entgehen lassen.
Shahryar und Das haben nur einen Tag Zeit. Bereits am heutigen Abend fliegen sie via Buenos Aires zurück
in die Staaten. Also nehmen wir uns gemeinsam für die rund 65 Kilometer lange Fahrt ein Taxi (Preis total für Hin- und Rückfahrt 2‘000 Pesos, ca. US$ 125.00). Mit dem Taxi sind wir flexibel. Der Parkeintritt kostet nochmals 330 Pesos pro
Person (gut US$ 20.00) Auf dem Lago Argentino werden Schiffstouren angeboten. Dabei bekommen Touristen die Kalbungsfront in seiner ganzen Höhe von unten zu sehen. Das entscheidet sich für eine solche Tour. Shahryar, Marion und ich gehen auf den schön
angelegten Rundweg im Park. Dieser liegt am gegenüber-liegenden Hang, ziemlich genau auf der Höhe der Gletscherkante, etwa 800 Meter vom Gletscher entfernt. Der Blick auf den Gletscher ist herrlich. Es ist kühl und es geht ein starker Wind.
In der Antarktis war es zwar kälter. Doch ohne Wind fühlten sich dort die Temperaturen angenehmer an. Es ist bewölkt. Gegen Mittag reisst der Himmel auf und die Sonne taucht den Gletscherab-bruch und die gigantischen Gletscherspalten in ein
blauweisses Licht. Dutzende von Fotografen versammeln sich an den besten Aussichtspunkten. Die Kameras auf eine Stelle des Gletschers gerichtet. Dies in der Hoffnung das „Big Picture“ in den Kasten zu bekommen. Alle paar Minuten knackt und kracht
es. Dann ein Knall, der Gletscher kalbert. Ein Teil einer Eishöhle bricht ein. Dann stürzt eine zwanzig Meter hohe Eiswand mit Getöse in den Lago Argentino. Schon wieder habe ich - und mit mir auch die meisten anderen Fotografen - meine Kamera
auf den falschen Punkt gerichtet. Ein Katz- und Mausspiel. Schliesslich kann ich dann doch noch ein paar ganz schöne, gewaltige und mehrere hundert Kubikmeter grosse Abbrüche mit meinem Fotoapparat festhalten (s. Fotoalbum). Das kommt uns auf einer
Aussichtsplattform entgegen. Er zeigt sich von der Schifffahrt enttäuscht. Er hatte gehofft, näher an den Gletscher herangefahren zu wer-den.
Um 14.00 Uhr
fahren wieder zurück. Marion und ich bis zu unserem Hotel Sierra Nevada; Das und Shahryar, mit dem wir die letzten zwei Wochen in der Antarktis sehr viel zusammen waren und mächtig viel Spass mit ihm hatten, lassen sich gleich an den Flughafen fahren.
Um 17.00 Uhr geht ihr Flug.