Nerpas – die einzigen Süsswasserrobben der Welt!
Nach zwei Übernachtungen in einer Herberge am «Kleinen Meer» ziehen wir heute bei Zeiten weiter. Unsere nächste Unterkunft wird in Chusir, auf Olchon, der grössten Insel im Baikalsee sein. Mit der kleineren der beiden Autofähren, wo gerade mal etwa sechs Personenwagen darauf Platz finden, setzen wir mit unserem Kleinbus um 9.30 Uhr vom Festland ab. Die Überfahrt dauert nur etwa 15 Minuten. Schönwetterwolken ziehen am Himmel auf. Der starke Südwind der letzten beiden Tage flaut immer mehr ab. Auf der heutigen Wanderung haben wir die wohl besten Chancen Nerpas zu Gesicht zu bekommen. Nerpas seien die einzigen Süsswasserrobben der Welt, welche nur hier im Baikalsee leben, erklärte uns Tamara, als wir im Baikalmuseum in Listwjanka waren. Die Robben seien zwar nicht unter Schutz gestellt. Doch weil das Fleisch nicht schmackhaft und das Fell ebensowenig begehrt sei, habe sich die Population der Nerpas im Baikal in den letzten Jahren wieder sprunghaft vermehrt. Einmal abgesehen vom Winter, wenn der See gefroren sei und Wölfe auf dem Eis Jagd auf Jungrobben machen würden, hätten die Nerpas ausser dem Menschen keine natürlichen Feinde. Deshalb seien die Süsswasserrobben nicht vom Aussterben bedroht, erklärt uns Dima vor dem Start unserer heutigen Wanderung. Die Chancen heute Robben zu sehen, schätzt er jedoch als gering ein. Er glaubt, wegen des nach wie vor wehenden Südwindes würden die Robben nicht aus dem Wasser kommen und wir würden höchstens Robbenköpfe aus dem Wasser strecken sehen.
An einer wunderschönen Badebucht mit glasklarem Wasser, bin ich für einmal der Einzige, der ins kalte, etwa 16 Grad warme Wasser springt und zur Belustigung meiner Wanderkolleginnen und -kollegen die «fette Robbe» spielt. Nach einem kurzen Sonnenbad wandern wir zusammen mit Dima entlang einer schönen, sonnenbeschienen Steilküste zu einer «Robbenbucht». Und dann kommt es so, wie wir es uns alle gewünscht haben. Auf vorgelagerten kleinen Felsen, mindestens 100 Meter von uns entfernt, entdecken wir sie. Auf einem kleinen Felsen räkelt und sonnt sich eine grosse dicke Nerpa. Der Grösse nach vermutlich ein Männchen. Dann kommen noch weitere kleinere Robben (Weibchen und Jungtiere) angeschwommen, die sich mit viel Kraft und Aufwand auf weitere kleine Felsen im See hochstemmen. Insgesamt sehen wir etwa zehn bis fünfzehn dieser Nerpas. Ein wirklich schöner Anblick.
Schliesslich verlassen wir die Küste; wandern bergauf auf eine Anhöhe, wo wir im Windschatten ein Feuer machen, Tee kochen und unser Picknick einnehmen, das uns Dima, wie immer, sehr fein zubereitet. Die Wolken werden wieder zahlreicher und der Wind frischt erneut auf.
Nach dem Mittagessen fahren wir mit unserem Kleinbus nach Chushir in unsere Unterkunft. Unsere kleinen 2-Bett-Häuschen sind einfach und zweckmässig eingerichtet. Nur die sanitären Anlagen sind ziemlich gewöhnungsbedürftig. Da gibt es zwei winzig kleine, pyramidenförmige Plumpsklos ohne Frischluftzufuhr, dafür mit extrem viel Ammoniakgeruch. Örtchen also wo sich kaum jemand länger aufhält, als unbedingt nötig. Weiter gibt es zwei Duschen, bei denen entweder das Wasser nur tropfenweise aus der Brause kommt oder man sich – weil viel zu heiss und nicht wirklich regulierbar - die Haut verbrennt, sowie zwei Becken zum Waschen, welche sich halb im Freien befinden. Und dies Alles für uns 14 Personen (12 Wanderkollegen, Dima und einen zusätzlichen Fahrer). Gut, dass wir hier nur zwei Nächte verbringen. Danach werden wir uns nochmals zwei Nächte im ***Hotel Rus in Irkutsk erfrischen und erholen können, bevor uns in der Mongolei das nächste Abenteuer wartet.
Vor dem Abendessen machen wir mit Dima noch einen Rundgang durch Chusir, wo wir an der Küste einen weiteren «heiligen Orten»; einen Schamanenfelsen, besuchen.