20. Aug, 2016

Unterwegs mit der alten Baikalbahn!

Das Thermometer klettert heute wieder auf etwa 25 Grad. Der Himmel ist nahezu wolkenlos. Herrliches Wander- oder auch Badewetter bietet sich uns. Ab heute sind wir mit Dima, einem anderen Wanderleiter von Baikaltrekking, unterwegs. Schade, wir hatten uns bereits so gut an Tamara gewöhnt.

Mit Dima geht es heute zuerst auf eine Schifffahrt, dann zu einer Zugfahrt, dann zum Wandern und zum Schluss wieder mit dem Schiff zurück zu unserem Ausgangsort.

Wir überqueren mit dem Schiff die Passage, wo die Angara, der einzige Abfluss, den Baikalsee verlässt. Bereits auf der zehnminütigen Überfahrt teilen wir uns das Schiff mit einer Überzahl chinesischer Touristen. Im Zug ist dann das Verhältnis noch viel extremer. Wir müssen uns unsere reservierten Plätze förmlich erkämpfen und verteidigen. Doch dafür haben wir schliesslich Dima. Der regelt für uns Alles bestens. Nach rund 18 km Fahrt, bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwa 35 Kilometern pro Stunde hält der Zug für uns auf offener Strecke an. Wir steigen aus, essen unser Picknick, das uns Dima am Ufer des Baikals zubereitet, machen Siesta und wandern dann bei recht hohen Temperaturen auf dem Trasse der Baikalbahn gut 10 km zurück. Wir durchqueren dabei mehrere Tunnels. Links und rechts treffen wir auf eine Vielzahl von Birkenröhrlingen. Diese lassen wir jedoch stehen. Wir meinen, Pilze aus dem Wald sind bestimmt weniger mit Schadstoffen belastet, als jene direkt an der Eisenbahnlinie. Das Wandern auf Bahnschwellen und Geleisen ist eine besondere Erfahrung. Wir meinen jedoch, es gibt angenehmere und schönere Wanderungen, als diese. Nach 10 km Wandern in der von Schienen, Trasse und den Felsen am Hang, aufgestauten Hitze, sind wir froh vom ehemaligen Fischkutter "Eisberg", der uns schon von Goloustnoje nach Listwjanka brachte, abgeholt und nach Listwjanka zurückgebracht zu werden. Am Abend war selbstverständlich wieder Pilze suchen angesagt. Diesmal zu Dritt und die Ausbeute noch grösser. Nach einer herrlichen Pilzsuppe, welche eigentlich ein Ragout, oder so ähnlich hätte werden sollen, hätten wir die nötigen Pfannen von unserem Gastvater bekommen, legen wir uns dann zufrieden zu Bett.

19. Aug, 2016

Auf nach Listwjanka!

Der heutige Tag startet trüb, kühl und nass. In der Nacht hat es geregnet und der Himmel ist düster und wolkenverhangen. Wir verabschieden uns von unserer Hausmutter Gallina, die uns die letzten beiden Tage mit einheimischer Küche so richtig verwöhnt hat und bei der wir zum ersten Mal Omul, den berühmten und äusserst schmackhaften Baikalfisch, der auf einer Tiefe von rund 400 Metern lebt, gegessen haben. Dann sind wir auf einenm ehemaligen Fischkutter rund drei Stunden, leider zeitweilig bei etwas Nieselregen, auf dem Baikal in Richtung Listwjanka unterwegs. Der See ist dabei erstaunlich ruhig. Denn es könnten hier auch meterhohe, draussen auf dem See sogar bis zu sechs Meter hohe, Wellen geben. In Listwjanka klart das Wetter dann aber glücklicherweise wieder auf. Wir besuchen das kleine, aber sehr hübsche Baikalmuseum, wo uns Tamara über die Geschichte, Geografie, Geologie und Fauna des Baikals erzählt. Gespannt sind wir, wenn wir dann auch noch die einzigen Süsswasserrobben der Welt, welche wir in einem Schwimmbecken im Museum sehen, life in der Natur beobachten können. Nach dem Mittagessen besuchen wir noch den Markt von Listwjanka, bevor wir uns in unsere Unterkunft in einem kleinen Seitental von Listwjanka begeben.

Wir sind wieder in der Zivilisation angekommen. Wir kommen uns vor, wie wenn wir die letzten beiden Tage irgendwo in der Einsamkeit des Napfgebietes verbracht, nun wieder zurück am Schwanenplatz in Luzern sind. Chinesische Touristen, wohin das Auge reicht. Das ist Hochsommer in Listwjanka. Dem Touristenort am Baikalsee schlechthin. Zu zweit machen wir uns dann noch auf in die Pilze. In gut einer halben Stunde tragen wir kiloweise Steinpilze, Birkenröhrlinge und Pfifferlinge aus dem angrenzenden Mischwald. Zurück in der Unterkunft helfen dann alle tatkräftig mit beim Rüsten. Bei ein paar Bierchen und einem Glas Wodka geht das besonders gut. Essen wollen wir diese dann morgen Abend.

18. Aug, 2016

Das Geheimnis des Trockenen Sees!

Am 18. August machen wir zwei schöne Wanderungen. Die eine führt uns zuerst aus dem Dorf Goloustnoje etwa eine Stunde dem Baikalsee entlang westwärts und dann hinein in die Taiga, wo wir nach etwa 25 Minuten den Trockenen See erreichen. Wir haben Glück, der Trockene See ist mit Wasser gefüllt. Dies komme nur alle paar Jahre vor. Das letzte Mal vor drei Jahren, so Tamara. Der See könne sich innert Stunden füllen. Tamara erklärt uns, man wisse bis heute nicht, wie dies passiere.

Heute lüften wir das Geheimnis. Diese vier Wanderfreunde waren für das Füllen des Sees verantwortlich!🙂

Die zweite Wanderung führt uns ins entgegengesetzter Richtung etwas landeinwärts zum Schamanenstein. Auf einem Berggipfel mit herrlichem Ausblick auf den Baikalsee befindet sich ein Kraftort, wo vor noch nicht allzu langer Zeit Schamanen Opfergaben darbrachten und Rituale abhielten. Nach wunderbar schönem und warmem Wetter am Morgen hat sich heute Nachmittag der Himmel etwas verdunkelt. In weiter Ferne grollt und donnert es. So richtig passend für einen Ort, wo Geister und Götter wohnen. Nur leider ist der Blick auf den Baikal und das Flussdelta des Goloustnoje-Flusses etwas getrübt.

Nach den mehrstündigen Wanderungen gibt es am Abend dann noch eine russische Banja. So etwas, wie finnische Sauna, einfach auf russisch. Zu diesem Zweck haben wir auf dem Rückweg vom Schamanenstein noch Birkenzweige mitgenommen, welche in der Banja in Wasser eingelegt werden und mit denen man sich zum Schluss der Banja den Rücken abklatscht. Danach schläft es sich wunderbar! Vielleicht waren auch nur die zwei, drei Bierchen dafür verantwortlich.

17. Aug, 2016

Ein Eldorado für Pilzsammler

Der Sommer hier in Sibirien ist kurz. Nachdem es die letzten Wochen am Baikalsee trocken und heiss war, kam am 12. August der Kälteeinbruch. Für den heutigen und die kommenden Tage sagen die Meteorologen für die Baikalregion noch Temperaturen von etwa 16 bis 17 Grad voraus. Uns stört dies nicht. Wir nehmen das Wetter, wie es kommt - bleibt uns ja auch nicht viel anderes übrig. Wie uns Tamara, unsere Reiseleiterin erzählt, habe es in der Gegend um Irkutsk, am Baikalsee und auf der Insel Olchon vom 12. bis 15. August geschüttet und drei Tage lang durchgeregnet. Die Flüsse seien angeschwollen, Strassen unter- und überspült, so dass an gewissen Stellen keine Autos mehr fahren konnten und auf der Insel Olchon habe es in diesen drei Tagen mit 82 mm Regen fast halb soviel Niederschlag gegeben, wie es dort normalerweise im ganzen Jahr gäbe.

Nachdem wir gestern auf unserer Stadtführung wettermässig einen ganz ordentlichen Tag hatten - besonders am Morgen schien noch etwas die Sonne - muss es letzte Nacht relativ kräftig geregnet haben. Denn auf den Strassen liegen riesige Wasserlachen. Heute Morgen ist der Himmel zwar stark bewölkt, doch es sollte den ganzen Tag trocken bleiben. Wir werden von einem Kleinbus abgeholt und fahren aufs Land hinaus. Wenn man in Sibirien von der Stadt irgendwohin aufs Land fährt, dann heisst dies gleich mal hundert oder zweihundert Kilometer fahren. Nicht etwa Autobahn, wie bei uns zu Hause. Nein, meist geht es hinter der Stadt ab auf Schotterpisten und hinein in die Taiga, wie die gigantischen Wälder Sibiriens genannt werden. Das Schütteln und Rütteln der Transsib haben wir hinter uns. Jetzt kommt das Grobe - nämlich Schlaglöcher. Marion und ich, wir sitzen - wie könnte es anders sein - hinten im Bus. Was das heisst, könnt Ihr Euch denken. Die nächsten 80 km brettert der Busfahrer auf dieser mit Wasser und Löcher übersäten Piste dahin. Links und rechts nichts als Taiga und zwischendurch mal ein Dorf.

Auf der Busfahrt erkundigen wir uns schon mal bei Tamara, ob man in diesen Wäldern zurzeit auch Speisepilze finden könne. Eigentlich wussten wir die Antwort bereits. Denn gestern und vorgestern haben wir auf dem Markt von Irkutsk verschiedene Stände gesehen, wo man Steinpilze, Birkenröhrlinge, Butterpilze und andere uns unbekannte Pilze verkauft. Es sei jetzt beste Pilzzeit, erklärt uns Tamara. Vorschriften fürs Pilze sammeln, wie Schonzeiten oder Ähnliches, gäbe es hier keine. Und dann geht es los! Zuerst outet sich Tamara als gute Pilzkennerin und grosse Pilzsammlerin. Sie erklärt uns, wie sie in Sibirien Pilze für den Winter haltbar machen und welche Pilze die Sibirer am liebsten verspeisen und danach zeigt sich auch noch, dass wir Mitten in einer pilzverrückten Wandergruppe gelandet sind. Mindestens die Hälfte unserer Gruppe geht zu Hause regelmässig Pilze sammeln. Und zwar so das Übliche, wie wir. Steinpilze und alle Arten von "Speise-Röhrlingen", Pfifferlinge (Eierschwämmchen) etc. Als der Bus in der Taiga - Mitten im Nirgendwo - einmal einen Pipihalt macht, entdecke ich keine fünf Meter vom Bus entfernt bereits die ersten drei Birkenröhrlinge. Es sollten nicht die letzten gewesen sein. Die gefühlte Temperatur steigt gleich mal um paar Grad an. In unserer Gruppe ist das Pilzfieber ausgebrochen!

Durchgeschüttelt kommen wir nach 135 km nach Goloustnoje, einem direkt am Baikalsee gelegenen Dorf, wo ein paar Hundert Einheimische leben. Hier sind wir für die nächsten zwei Nächte bei einer Bauernfamilie untergebracht. Alles in Holz gebaut, riechen die Zimmer nach frischem Kiefernholz. Alles ist sauber, aber sehr einfach. Zwei Plumpsklo, eine Banja (Sauna), wo auch mit Eimern geduscht werden kann und Waschstellen im Freien. Das Wasser dafür kommt aus einem eigenen Brunnen hinter dem Haus. Laut Tamara soll das Wasser sauber sein. Das Wasser wird hier so getrunken, wie es aus dem Boden oder eben aus dem See kommt. Vom Baikalsee wissen wir, dass dieser beste Trinkwasserqualität hat. Am Nachmittag machen wir uns dann noch auf einen Spaziergang durchs Dorf und vor allem auf den Hügel und in den nahegelegenen Wald hinter dem Dorf. Wozu? Natürlich! Zum Pilze sammeln. Hier finden wir innert einer Stunde Butterpilze (Butterröhrlinge) in rauen Mengen.

Von Tamara instruiert, geht es dann zu Hause ans Rüsten. Beste Teambildung - wie Tamara nebenbei feststellt. Jeder nimmt seinen Platz in der Gruppe ein. Die Männer rüsten und die Frauen schauen zu,  machen Fotos und bringen den Männern ein Bier - oder auch mal zwei. So sind alle beschäftigt und zufrieden. Dann werden die Pilze von Tamara noch einmal kontrolliert, geschnitten und von Gallina, unserer Bäuerin, mit Zwiebeln und Rahm gekocht. So ähnlich, wie wir dies auch bei uns zu Hause tun. Das Abendessen ist ein Festschmaus. Einzelne in der Gruppe hätten die Pilze lieber nur mit etwas Zwiebeln angebraten gehabt. Das wollen wir dann das nächste Mal tun. Es ist Vollmond und die Nacht klar.

 

16. Aug, 2016

Wir treffen auf unsere neue Wandergruppe!

Fertig mit Rütteln und Schütteln. Nach einer Gesamtstrecke ab Moskau von 5'153 km treffen wir fast so genau, wie eine Schweizer Uhr am 14.8. gegen 21.00 Uhr Lokalzeit in Irkutsk ein. Hier werden wir am Bahnhof vom Andrej Sagusin, dem Chef von Baikaltrekking persönlich, abgeholt und in unser Hotel Rus*** im Stadtzentrum gefahren. Das Hotel ist mit rund 80 Betten eher klein und überschaubar. Und unser Zimmer ist auch nicht gerade gross und etwas renovationsbedürftig. Doch im Gegensatz zu unserer "Eisenbahn-Zelle", die gerade mal 3 m2 mass, haben wir hier doch immerhin Platz um unser Gepäck zumindest in eine Ecke stellen zu können.

Zuerst schlafen wir mal so richtig aus, machen uns dann am 15.8. nach dem Frühstück auf eine ausgiebige Stadtbesichtigung. Unser letzter freier Tag. Denn morgen treffen wir auf unsere Wandergruppe. Es ist heiss und fast wolkenlos. Für morgen und die nächsten Tage ist wechselhafteres und kühleres Wetter angesagt. Wir sind nicht unglücklich, wenn es zum Wandern nicht mehr ganz so heiss ist, wie die letzten zehn Tage.

Auffallend in Russlands Städten. Überall stehen eine Vielzahl an Denkmälern, Büsten und übergrossen Statuen. Weit mehr, als bei uns im Westen. Wer dabei immer anzutreffen ist, das ist Lenin, der Urvater Russlands. Mindestens eine Hauptstrasse einer jeden Stadt ist nach ihm benannt. Weil das Wetter so schön ist, machen wir am Nachmittag noch eine einstündige Flussfahrt auf der Angara, dem einzigen Ausfluss des Baikalsees. Hier in Irkutsk gibt es schöne Parks, wo Familien spazieren oder Kinder spielen oder wie auf diesem Foto Tauben gefüttert werden. Am Abend suchen wir dann noch ein nettes Restaurant auf.

Heute, den 16.8. trifft unsere neue Wandergruppe gegen 13.00 Uhr in unserem Hotel Rus zum Mittagessen ein. Wohnen tut die Gruppe unweit von unserem Hotel in einer anderen, etwas einfacheren Unterkunft. Wir sind total 12 Personen, davon 7 aus Deutschland, 3 inkl. Marion, aus Österreich, eine in Österreich lebende Polin und ich als einzigen Schweizer. Praktisch alle Teilnehmer dürften in unserem Alter; d.h. so zwischen 50 und 65 Jahren sein. Die Deutschen, wie wir feststellen, fast ausschliesslich aus dem Osten Deutschlands, sowie die Polin, sprechen oder verstehen zumindest ein klein wenig, bis gut russisch. Und zusammen mit unserer Wanderleiterin Tamara, Mitinhaberin von Baikaltrekking und Ehefrau von Andrej, welche eine fast akzentfreies Deutsch spricht, werden wir bis zum Ende unserer Russlandreise garantiert keine Verständigungsprobleme mehr haben. D.h. wir müssen nicht mehr mit den Fingern auf Abbildungen auf der Speisekarte zeigen, damit wir das Richtige zu essen oder zu trinken bekommen.

Nach dem Mittagessen machen wir dann noch eine Stadtführung mit Tamara. Was sich schon bald zeigt, Tamara kennt die Geschichte Russlands sehr gut - was heisst, wir können es eh nicht überprüfen. Darüber hinaus verfügt Tamara über sehr viel Humor und Witz. Den Abend beschliessen wir zusammen mit einem Teil der Gruppe, in einem von Tamara empfohlenen Restaurant. Das Essen war gut. Doch im fast leeren Restaurant war man mit einer Gruppe von sieben Personen bereits komplett überfordert. Sowohl die Getränke, wie auch die Essen kamen so etappiert, dass praktisch jeder wieder fertiggetrunken und -gegessen hatte, bis der nächste seine Verpflegung hatte. Vermutlich fehlte es an genügend Geschirr. Die Letzte der Gruppe bekam dann gar nichts mehr zu Essen. Vermutlich ging denen nicht nur das Geschirr, sondern auch noch das Essen aus. Morgen geht es nun los mit Wandern. Die ersten beiden Übernachtungen verbringen wir auf dem Land bei einer Bauernfamilie. Da werden wir über kein WLAN verfügen. Danach sollte es dann aber mit weiteren Blogs schreiben wieder klappen!